Die Voraussetzungen für Bootfahren in Holland sind nahezu ideal. Es gibt eine fast einzigartige Infrastruktur: Sehr zahlreiche für Sport- und Hausboote nutzbare Wasserwege, Flüsse, Kanäle, Seen und auch das Meer. Zu erwähnen sind die vorbildlichen Binnenwasserwege, die sich kreuz und quer durchs Land ziehen, insbesondere in der Provinz Friesland. Generell gibt es zahlreiche Anlegemöglichkeiten und Häfen, die alle notwendigen Annehmlichkeiten bieten. Einen guten Überblick geben z.B. die Bücher “Mit dem Hausboot durch Holland: Die Friesische Seenplatte und der Großraum Amsterdam. Mit 22 Tourentipps für die Niederlande.“* und “Friesland: Zwischen Ems, IJsselmeer, Waddenzee und IJssel. Mit Twenterevier und Route durch das Veen“.
Bootfahren in Holland ohne Führerschein
Führerscheinfrei sind Boote, die kürzer als 15 Meter sind und die nicht schneller als 20 km/h fahren können. Trotzdem sollte man nicht ganz ohne Kenntnisse fahren, denn sonst könnte der verdiente Urlaub urplötzlich doch in Stress ausarten. So kann sich für Hausboot-Neulinge ein Blick in das Buch “Charterfibel: Hausbootwissen für Einsteiger. Mit der neuen Charterbescheinigung” lohnen. Einen Bootsführerschein zu besitzen schadet natürlich auf keinen Fall für das Bootfahren in den Niederlanden.
Deutsche Sportbootführerscheine in den NL
a) Der deutsche Sportbootführerschein Binnen
wird anerkannt, wenn er nach dem 01.04.89 ausgestellt wurde.
Er ist gültig für die Binnengewässer in den Niederlanden, aber nicht gültig für das Ijsselmeer, Markermeer, Ijmeer, die Waddenzee, die Ems und den Dollard, die Oosterschelde und die Westerschelde. Für diese Gebiete wird der Sportbootführerschein See oder das Sportschifferzeugnis E benötigt. Mit dem Sportschifferzeugnis E kann man in Deutschland Yachten bis 25 Meter Länge führen. Ausgenommen sind Binnenschifffahrtsstraßen, für die eine besondere Streckenkunde benötigt werden.
b) Der deutsche Sportbootführerschein See
wird anerkannt, wenn der Führerschein nach dem 01.01.74 ausgestellt wurde.
Der Sportbootführerschein See ist gültig für alle holländischen Wasserstraßen. Das Sportschifferzeugnis wird ebenfalls für das Bootfahren in Holland anerkannt.
Generell werden andere bzw. ältere Führerscheine in den Niederlanden nicht anerkannt. Bestimmte Führerscheine können in Deutschland umgeschrieben werden. Es wird z.B. dringend empfohlen, den Befähigungsnachweis der ehemaligen DDR umschreiben zu lassen. Auskunft zur Führerscheinumschreibung erteilen die jeweiligen Fachstellen.
Auf die Sportbootführerscheine kann man sich im Übrigen sehr gut vorbereiten mit den Büchern
Links zum Sportbootführerschein
Sportbootführerschein Binnen Segel/Motor: Mit offiziellen Prüfungsfragen und
Sportbootführerschein See: Mit amtlichen Fragenkatalog.
In diesen Büchern findet man alle notwendigen Informationen gut aufbereitet und sie liefern das Hintergrundwissen für die Prüfung. Die Prüfungsfragen kann man auch sehr gut mit Hilfe einer App üben:
- SBF-Fragen | See, Binnen, BSP sowie UBI, SRC & LRC – Delius Klasing Verlag (für iPad)
- SBF-Fragen | See, Binnen, BSP sowie UBI, SRC & LRC – Delius Klasing Verlag (für iPhone)
Bootfahren in Holland: Registrierungspflicht und Bootspapiere
Fährt man mit dem eigenen Boot in Holland, gibt es weitere Regelungen zu beachten. Boote unter 20 m Länge, die schneller als 20 km/h fahren können, müssen ein Kennzeichen haben. Dabei gilt: Das Kennzeichen muss gut erkennbar sein mit dunklen Buchstaben auf hellem Hintergrund oder umgekehrt. Die amtlichen und amtlich anerkannten deutschen Kennzeichen sind in den Niederlanden gültig.
Das Kennzeichen des Bootes muss in mindestens 20 cm hohen, 10 cm breiten und 2 cm starken lateinischen Buchstaben und arabischen Ziffern an beiden Bugseiten des Bootes angebracht sein. Falls das nicht geht, sind mindestens 10 cm hohe Buchstaben mit 6 cm Breite und 1,5 cm starken Buchstaben zu wählen. Der Name und die Adresse des Eigners ist gut sichtbar am Boot außen oder innen anzubringen.
Mindestalter
Ein Hausboot darf man ab 16 Jahren steuern. Kann das Boot allerdings schneller als 20 km/h fahren, muss der Schiffsführer mindestens 18 Jahre alt sein und den Sportbootführerschein besitzen. Für kleine offene Motorboote, die nicht länger als 7 m und langsamer als 13 km/h sind, muss der Schiffsführer mindestens 12 Jahre alt sein. Für Segelboote unter 7 m Länge, Ruder-, Paddelboote und Boote, die ausschließlich durch eigene Muskelkraft bewegt werden, gibt es kein Mindestalter.
Erforderliche Dokumente an Bord
Die Dokumente, die an Bord einer Motoryacht oder eines Hausbootes sein müssen, sind klar geregelt. Charterurlauber werden die meisten erforderlichen Dokumente allerdings bereits an Bord vorfinden.
– Falls erforderlich, müssen die nötigen Führerscheine oder Patente an Bord mitgeführt werden, ebenso gegebenenfalls das Funkzeugnis. Ausserdem muss ein gültiger Personalausweis oder Reisepass mit an Bord sein.
– Eigentumsnachweis für das Schiff. Der Internationale Bootsschein (IBS) und das Flaggenzertifikat vom BSH werden als Eigentumsnachweis anerkannt. Gegebenenfalls wird ein Schiffsbrief oder –attest benötigt (bei Schiffen mit mehr als 10 t Wasserverdrängung für Binnen, ab 15 m Länge für See).
– EU-Konformitätserklärung (CE Zeichen). Alle Boote, die nach dem 15.06.1998 erstmals in Verkehr gebracht worden sind, benötigen eine CE-Konformitätserklärung. Ausnahme sind selbstgebaute Boote.
– Ein EU-Mehrwertsteuernachweis ist vorgeschrieben für alle Boote, die nach dem 01.01.1985 in Betrieb genommen wurden. Die Erkärung des Verkäufers, dass er Mehrwertsteuern bezahlt hat, ist wertlos. ‘
Update 1.1.2020: Laut der Zeitschrift Boote-Magazin muss (eigentlich) der Zoll nachweisen, dass das Boot nicht versteuert wurde.
– Bei schnellfahrenden Booten muss eine Bescheinigung über die gültige Haftpflichtversicherung vorliegen (die Mindestdeckkungssumme beträgt 567225 Euro für einen Schadensfall). Empfohlen wird eine Haftpflichtversicherung für alle Boote. Außerdem sind bei schnellfahrenden Booten Bootspapiere über die erfolgte Registrierung, z.B. der IBS mitzuführen.
– Wenn eine UKW-Funkanlage vorhanden ist, muss das Funkzeugnis sowie die Zulassungsurkunde und das Handbuch Binnenschiffahrtsfunk mitgeführt werden.
– Das Binnenvaartpolitiereglement (BPR) oder der ANWB Wateralmanak Teil 1 mit den Gesetzestexten Holländische Binnengewässer und den Sprechfunk-Vorschriften.
Vorschriften zur Ausrüstung – gilt für alle Boote (lediglich nicht für kleine offene Boote)
Für alle Boote gilt: Es muss ein Anker an Bord sein, je eine Rettungsweste pro Person, eine rote Flagge und rotes Licht als Notsignal, wenn möglich Navigationslichter und für Segler unter Motor als Signalkörper ein schwarzer Ankerball / Kegel. Schnelle Boote müssen zusätzlich mit einem Feuerlöscher und einer Quickstop-Vorrichtung ausgerüstet sein sowie eine solide Steueranlage und einen Auspuff mit Schalldämpfer haben.
Zur eigenen Sicherheit wird außerdem empfohlen, eine Erste-Hilfe-Ausrüstung bzw. einen Verbandskasten an Bord zu haben, sowie Paddel, Rettungsring und Taschenlampe.
Wichtige Regeln
Die Regelungen zum Bootfahren in Holland auf den einzelnen Wasserstraßen sind jeweils im ANWB Wateralmanak 2 detailliert beschrieben. Wer öfter in Holland unterwegs ist und größere Gebiete befährt, kann auch sehr gut die iPad-App Biggerworks Wasserkarten (hieß früher ANWB-Wasserkarte) benutzen, die alle Wasserkarten sowie die Informationen aus dem Wateralmanak 2 beinhaltet.
Unser Wateralmanak hat seinen festen Platz am Steuerstand, und wir werfen normalerweise mehrmals täglich einen Blick hinein, um uns über die jeweils geltenden Regelungen für den Wasserweg, den wir gerade fahren, zu informieren.
Generell gilt beim Bootfahren in Holland: Die Höchstgeschwindigkeit beträgt meist 20 km/h. Auf jeden Fall sollte man die eigene und die Sicherheit der anderen gewährleisten und gute Bootsmannschaft walten lassen: Beim Schnellfahren muss der Abstand zu Bade-, Anlegestellen und zum Ufer mindestens 50 m betragen. Auf dem Ijsselmeer muss beim Schnellfahren der Abstand mindestens 250 m zum Ufer betragen und ist nur außerhalb des betonnten Fahrwassers erlaubt. Bei einem Abstand von unter 50 m zum Ufer oder bei verminderter Sicht beträgt die Höchstgeschwindigkeit 9 km/h, in Umweltschutzgebieten nur 6 km/h.
In der Nähe von Regatten ist Schnellfahren nicht erlaubt. Wird stehend schnellgefahren, gibt es für die eigene Sicherheit die Pflicht, eine Rettungsweste anzulegen.
Die Alkoholgrenze beim Bootfahren in Holland beträgt 0,5 Promille.
Beim Wasserskilaufen muss zusätzlich ein Beobachter an Bord sein. Hier gilt: 0 Promille Alkohol für alle!
Als Bootsurlauber ist man zwar meistens bestrebt, den Berufsschiffen aus dem Weg zu gehen, aber für den Fall des Falles sollte man die entsprechenden Regeln kennen:
Mit Inkrafttreten des neuen Binnenvaartpolitiereglement in 2005 gilt die „Steuerbordregel“, unabhängig von der Größe der Schiffe. Wenn ein Schiff die Steuerbordseite beim Begegnen, Kreuzen oder Überholen hält, hat es Vorfahrt.
Die blaue Tafel
Wenn ein Großfahrzeug in Bergfahrt die blaue Tafel zieht, müssen auch Sportfahrzeuge darauf reagieren und an der Steuerbordseite passieren.
Zusammengefasst lässt sich für den Binnenbereich der NL folgendes sagen: In den Gebieten, in denen die niederländische Binnenschifffahrtspolizeiordnung (BPR) gilt, hat das kleine Schiff die geführte blaue Tafel zu beachten und sich entsprechend zu verhalten. In den Gebieten, in denen die niederländische Rheinschifffahrtspolizeiordnung (RPR) gilt, ist dahingegen festgelegt, dass kleine Schiffe großen Schiffen immer ausweichen müssen.
Passagierschiffe unter 20 m Länge sind Großfahrzeuge. Dieses zeigen sie mit einem speziellen gelben Zeichen. Hierzu gehört auch die Braune Flotte. Schlepper zählen nur dann als Großfahrzeuge, wenn sie schleppen.
Generell sollen Sportboote so weit wie möglich auf der Steuerbordseite fahren. Abweichende Vorschriften gibt es für die Geldersche Ijssel, Boven-Merwede, Neder-Rijn und Pannerdensch.
Segelschiffe
Für Segelboote gibt es je nach Gebiet weitere Vorschriften. Beispielsweise ist das Segeln streckenweise auf stark befahrenen Kanälen verboten. Das Segelschiff muss einen Motor besitzen, der eine Fahrt des Schiffs unter Motor von mindestens 6 km/h ermöglicht.
Wenn Funk an Bord ist
Manche Strecken dürfen nur mit eingeschaltetem Funkgerät gefahren werden. Die niederländische Wasserschutzpolizei überprüft das, indem sie ein Boot anruft! Kommt keine Antwort, droht eine Strafe. Bei verminderter Sicht (Sicht unter 500 m) sind sogar 2 Funkgeräte vorgeschrieben. Außerdem ein Radargerät, das für die Binnenschifffahrt zugelassen ist.
Das betrifft zwar weniger die Bootfahrer, aber erwähnenswert ist, dass Schwimmen in Häfen und auf deren Zufahrtswegen verboten ist. Verboten ist das Schwimmen auch in Fahrrinnen, in der Nähe oder unter Brücken sowie in der Nähe von Fährstrecken.
Literaturvorschläge/ Unsere Rezensionen ausgewählter Reiseführer
- Alle Theorie-Fragen zum SBF Binnen: Klick me
- Alle Theorie-Fragen zum SBF See: Klick me
- SBF Binnen Bundle, Matthias Wassermann: Klick me
- Törn-Tipps: Hausbooturlaub Niederlande-Der Süden von Ingrid Bardenheuer und Hans Zaglitsch
- Törnliteratur: Holland – Zeeland und die südlichen Provinzen von Jan Werner
- Törnliteratur: Friesland – Routen und Reviere zwischen Ems und IJsselmeer von Manfred Fenzl
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